Es ist Samstag, der 23. September 2023. Um 15.00 Uhr wird das Spiel der Kreisklasse Staffel II zwischen der SG Krauschwitz/Teuchern III/Nessa III gegen die Reservemannschaft des SV Motor Zeitz angepfiffen. Erstmals wird diese Partie von einem Mitglied des Heimvereins geleitet. Dem KFV Fußball Burgenland standen nicht ausreichend Schiedsrichter zur Verfügung, um alle Partien mit neutralen Unparteiischen abzusichern. Seit mehreren Jahren warnt der Schiedsrichterausschuss des Burgenlandkreises vor diesem Szenario. Jetzt ist es eingetreten.
„Die aktuelle Ansetzungssituation ist dramatisch und stellt uns vor riesige Probleme“, sagt Max Pfannschmidt, der Vorsitzende des Ausschusses. „Bereits seit Anfang September können nicht mehr alle Spiele der Kreisliga mit Kollektiven besetzt werden, jetzt fehlten gar die Schiedsrichter, um alle Partien überhaupt nur mit einem Referee abzusichern“, führt er fort. Zudem leiten zahlreiche Unparteiische mehr als eine Partie pro Spieltag. Dabei ist Pfannschmidt vor allem den Sportfreunden dankbar, welche mehrere Begegnungen nicht nur am Wochenende, sondern sogar an einem Tag absichern. „Mehrere Schiedsrichter fahren vormittags zum Nachwuchsspiel, um sich nach Abpfiff direkt wieder ins Auto zu setzen und ein Spiel im Herrenbereich zu leiten. Ich weiß nicht, wie lange sie das von Wochenende zu Wochenende noch mitmachen, ich könnte es ihnen nicht verübeln“, sagt er.
Mangelnde Disziplin und zahlreiche kurzfristige Absagen
Auf dem Papier verfügt der KFV Fußball Burgenland über ca. 100 Schiedsrichter. Schwarz auf weiß ist dies erstmal eine solide Zahl, allerdings gibt es viele Unparteiische, welche noch parallel selber Fußball spielen, coachen oder am Wochenende aus anderen Gründen, bspw. arbeitsbedingt, nicht zur Verfügung stehen. Hinzu kommt, dass viele Referees – oft aus Alters- oder Verletzungsgründen – nur als Linienrichter agieren können oder kein Auto besitzen und somit stets von anderen Kollegen mitgenommen werden müssen. Weiterhin bemängelt Pfannschmidt die mangelnde Disziplin: „Es gibt Schiedsrichter, welche in der aktuellen Saison noch bei null Spiele stehen, aber Woche für Woche Ansetzungen erhalten“, sagt er. „Viele Absagen kommen zudem kurzfristig, sodass am Freitag-Nachmittag nochmal viele bestehende Ansetzungen abgeändert werden müssen.“
Erste Partien aufgrund Schiedsrichtermangels verbandsseitig verlegt
Bereits seit Jahren kann die Kreisoberliga nur sonntags angesetzt werden. Die Schiedsrichter, welche über die Kreisoberliga-Einstufung verfügen, werden nahezu ausschließlich samstags in der Landesklasse sowie der Landesliga als Assistenten eingesetzt. Zudem sichern die Landesklasse-Schiedsrichter am Sonntag auch die Kreisoberliga mit ab, um in der höchsten Spielklasse des Kreises neben der Quantität auch die Qualität zu wahren. „Entwickelt sich die Situation weiterhin so dramatisch, müssen wir über Kurz oder Lang darüber nachdenken, bspw. auch eine Kreisklasse-Staffel am Sonntag spielen zu lassen“, sagt der Vorsitzende des Schiedsrichterausschusses. „Wir sind dankbar über jedes Spiel, welches bereits an einem Freitagabend stattfindet“, ergänzt er.
Da für den kommenden 3. Oktober bereits jetzt absehbar ist, dass nicht alle Begegnungen mit neutralen Schiedsrichtern abgesichert werden konnten, wurden bereits die Pokalpartien der B- und C-Jugend seitens des Jugendausschusses verlegt.
Endliche Möglichkeiten und kreisübergreifende Problematiken
In den vergangenen Spielzeiten hat der KFV Fußball Burgenland als Zeichen der Wertschätzung gegenüber den Schiedsrichtern eine Einkleidung mit einem Polo-Shirt und einem Trainingsanzug für jeden Referee vorgenommen. Zudem wurden alle Vereine mit einem Werbebanner ausgestattet, um an jeder Sportstätte im Burgenlandkreis nach neuen Sportfreunden zu suchen, welche das Ehrenamt ausüben. Auch ein Förderkader für Nachwuchsschiedsrichter konnte etabliert werden.
Ferner ist der Burgenlandkreis in engem Austausch mit benachbarten Kreisen, wie dem KFA Ostthüringen und dem KFA Jena-Saale-Orla, um sich bei solchen Situationen gegenseitig zu unterstützen. Hinzu kommen neuerdings auch Spiele, welche mit sächsischen Unparteiischen besetzt werden. Aber auch diese Kreise haben große Probleme, all ihre Spiele abzusichern: „Die Möglichkeiten sind endlich“, so Pfannschmidt.
Neuer Schiedsrichterlehrgang im Frühjahr 2024
Im Frühjahr des kommenden Jahres bietet der KFV Fußball Burgenland seinen jährlichen Anwärter-Lehrgang an, um neue Schiedsrichter auszubilden. Die Anmeldezahlen bewegten sich in den letzten Jahren im einstelligen Bereich. Zudem können die Neuausgebildeten Referees auch nicht sofort helfen, müssen zunächst Erfahrungen, Tipps und Hinweise sammeln. Aber auch dies wird erschwert, da zahlreiche Schiedsrichter-Beobachter aufgrund des allgemeinen Mangels an Unparteiischen oft kurzfristig von langen geplanten Sichtungsspielen abgesetzt werden, um selbst Partien zu leiten.
„Ich möchte alle Vereine nochmal dazu auffordern, bei ihren Mitgliedern intensiv für neue Unparteiische zu werben. Nur so ist es uns möglich, die Spiele auch weiterhin mit neutralen Schiedsrichtern zu besetzen“, sagt Pfannschmidt. „Wir unterstützen gern, wo wir können. Die Ansprache der Mitglieder muss allerdings durch die Vereine vor Ort erfolgen“. Auch appelliert der Ausschussvorsitzende an die Disziplin der Spieler und Trainer: „Vielen Kollegen macht es auch einfach keinen Spaß mehr, wenn es Woche für Woche auf den Sportplätzen zu teils massiven Beleidigungen, Tätlichkeiten oder gar zu Spielabbrüchen kommt. Auch hier muss jeder Verein für sich weiter positiv auf seine Mitglieder und Zuschauer einwirken. Dazu appelliert der KFV seit mehreren Jahren“, ergänzt er.
Noch ist das Spiel in Krauschwitz vom vergangenen Samstag ein Einzelfall. Noch – denn entwickelt sich die Verfügbarkeit von aktiven Schiedsrichtern weiterhin konjunkturell in diese Negativrichtung, wird dies auch im Burgenlandkreis zum allwöchentlichen Erscheinungsbild.